Glaube
Die Bevölkerung rund um das Ahaggar, die Imuhar (Tuareg), hat im 11. bzw. 12. Jahrhundert den Islam als Religion angenommen (Nicolaisen 1963: 479). In der Zeit haben Araber nicht nur eine neue Religion, sondern auch neue Sättel, Essenszubereitungen, Kleidung, usw. eingeführt (Nicolaisen 1963: 479). Sie haben auch neue politische Strukturen wie die Ettebel (Trommel) und den Chalifa mitgebracht.
Seit der Zeit haben die Imuhar den Islam als Religion und auch ein "prominenter" Missionar wie Charles de Foucauld hat es nicht geschafft auch nur einen Imuhar Nomaden bzw. eine Nomadin zum christlichen Glauben zu bekehren.
Imuhar glauben aber auch an die Kel Esuf. Diese Geisterwelt kann einerseits vom Isalm oder auch von einem vorislamischen Geisterglauben inspiriert sein.
KEL ESUF
In der Kosmologie der Imuhar (Tuareg) existiert eine Welt der Kel Esuf (die Leute der Einsamkeit). Diese Geister/Ahnen leben in einer Parallelwelt und wie die NomadInnen halten sie Vieh. Zu ihren Herdentieren zählen Gazellen, Schakale und Esel. Die Kel Esuf können die Lebenden beobachten, aber die Imuhar wiederum können sie nicht sehen. Die Kel Esuf leben für gewöhnlich in menschenleeren Gegenden wie der Tenere auf Bergen oder in Höhlen. Ruft man ihre Namen, können sie erscheinen und durchaus auch Schlechtes bringen.
Die schwarzen Kel Esuf sind die Ursache für Unglück und können Geisteskrankheit erzeugen. Die weißen Kel Esuf sind nicht so bedrohlich und können im Notfall durchaus hilfreich sein (Fuchs 1991: 63).
Beispiele
Zeinaba wusch am Brunnen ihre Kleidung und legte sie zum Trocknen auf die Büsche aus. Kurze Zeit später näherte sich eine kleine Windhose (kleiner Tornado) und fegte die Kleidung von den Büschen. Einhellig meinten alle Anwesenden, dass das nun das Karharbat n Kel Esuf, der Wagen der Geister, gewesen sei, der bei der Vorbeifahrt die Kleidung herumgewirbelt hätte.
Die Kel Esuf betreiben aber auch einigen Schabernack wie mit der Kleidung am Brunnen. Als ich einmal mit dem Fuß in einem Mäuseloch im Sand absackte, sagte mein Begleiter gleich: „ Uksad (Achtung), Kel Esuf!“.
Die Kel Esuf können aber auch Gutes tun. So werden beim Spiel Tamkelkel die Kel
Esuf zu Hilfe gerufen. Drei Dinge wurden bestimmt (kleine Kiste, Dose und Glas). Ich
sollte auf einen Gegenstand zeigen, während Bakai nicht hinschaute, um
anschließend zu raten, was ich gewählt hatte. Danach erriet er jedes Mal den Gegenstand, auf den ich gezeigt hatte. Einhellig meinten meine Begleiter, dass Bakai die Kel Esuf gerufen habe und diese ihm jedesmal sagen würden, worauf ich gezeigt hätte.
Schutz
Die Kel Esuf sind aber auch gefürchtet, weil sie Krankheiten auslösen können. Dagegen schützt man sich mit Teraut. Diese Amulette sind meist flache Lederbeutel, in die ein magischer Spruch eingenäht wird, und die verdeckt als Anhänger getragen werden.
Besonders fürchtet man sich davor, dass die Kel Esuf durch den Mund in den Körper gelangen können und dort Schlechtes anrichten. So wird, bevor man anfängt zu essen, das Wort Bismillah (Im Namen Allahs, arabisch) ausgesprochen, um den Mund zu reinigen, sodass beim Öffnen des Mundes nicht auch die Kel Esuf hinein können.
Die Furcht vor übernatürlichen Sanktionen der Kel Esuf, die das Universum beherrschen sollen, beeinflusst jedes Gespräch und vor allem besteht immer die Gefahr, dass sie über den Mund in den Körper dringen.
KONZEPT VON ESUF
Der Bergriff Esuf (Asouf/Asuf) der Imuhar (Tuareg) ist sehr komplex und kann mit Eisamkeit, Heimweh, Nostalgie, aber auch mit Einöde oder Universum übersetzt werden.
Egrau Esuf = Ich finde die Einsamkeit; Damit ist oft gemeint, dass jemand eine andere Person vermisst.
Ekkes Esuf = Die Einsamkeit wegnehmen; Jemanden zerstreuen; unterhalten.
ESUF
Die spärlich bewachsenen Tälern in der Sahara sind umgeben von einer zerklüfteten, kargen Sand- und Felslandschaft. Diese öden, fast pflanzenlosen Gebiete werden auch als Esuf bezeichnet.
Es gilt bei Umzügen dieses leblos erscheinende Terrain aus Sandkörnern und Steinen mit dem gesamten Hab und Gut zu durchqueren. In der Vorstellung der Imuhar ist diese unwirtliche Zone abseits der bewachsenen Täler beherrscht vom Esuf – von der Einsamkeit. Die Einsamkeit ist für einen Nomaden schwer zu ertragen und eng behaftet mit Traurigkeit (Casajus 1989; Klute 1992). Das Esuf in der Einöde verleitet einen, sich in schwermütigen Gedanken zu verlieren. Die Konfrontation mit der Einsamkeit ist gefährlich, da sie behaftet ist mit Emotionen.
Diese Zone wird nur von Männern alleine durchquert, Frauen reisen immer in einer Gruppe durch das Gebiet. Es ist eine Gegend, in der möglichst nicht gerastet wird. Es ist ein Ort des Transits. Diese lebensfeindliche Region, abseits der begrünten Täler wird nicht nur vom Esuf, sondern auch von den Kel Esuf - den „Leuten“ der Einsamkeit - beherrscht.
Weiteres dazu im Buch „Sprechkunst der Tuareg“.