GESCHICHTE DER IMUHAR
BESIEDLUNG DER SAHARA
Es wird angenommen, dass eine sich abgespaltene Gruppe der Imaziren ("Berber"), die von Nordafrika in die Sahara kam, dort auf eine ansässige Gruppe gestossen ist und sich daraus die Gesellschaft der Imuhar (Tuareg) entwickelte. Die Imuhar waren jedoch nicht die ersten Saharabewohner. Schon früh war die Sahara ein Transitraum für Reisende.
JägerInnen und SammlerInnen
Nach der Eiszeit hat sich die Sahara zu einem Savannengebiet entwickelt. Davon zeugen zahlreiche Felsgravuren. Damals haben JägerInnen und SammlerInnen in einer begrünten Landschaft gemeinsam mit Wildtieren wie Giraffen, Elefanten und Krokodilen gelebt. Später kam Rinderhaltung dazu.
Circa 5000 v.C. begann die Desertifikation (Wüstenbildung) der Sahara.
ISEBETEN / Kel Iru
Eine bekannte Bevölkerungsgruppe, die Isebeten, haben noch vor den Imuhar im Ahaggar-Gebirge (heutiges Südalgerien) in der Zentralsahara gelebt. Davon berichten auch Imuhar. Es ergibt sich bei dem Namen leicht eine Verbindung zu einer alten östlichen Libyengruppe (Cyrenaika und große Syrte/Böhm 2002: 55), die die Römer und Griechen Asbyten, die Ägypter des Neuen Reiches `sbt nannten (Ritter 2009:17). Diese lebten in Höhlen und waren ZiegenzüchterInnen und JägerInnen. Foucauld und Calassanti-Motylinski (1984: 233) erwähnen auch eine Geschichte zu den Isebeten, in der ein Mann, der bald wegreiten möchte, gefragt wird, was er alles mitnimmt. Er führt Diverses auf. Dann wird er gefragt, ob er sein Dromedar dabei hat und er meint, dass er dieses vergessen hat. Allgemein wird von den Imuhar angenommen, dass die Isebeten nicht sehr intelligent waren. Die Sprache der Isebeten wird von Foucauld (1951-52: 1803) abschätzig als „la langue touaregue dans un dialecte spécial et grossier“ angegeben.
Man nimmt an, dass die Isebeten (oder ein Teil davon) bei der Ankunft der Imazirenverbände als eigene Gruppierung, möglicherweise als Kel Ulli, innerhalb der Imuhar aufging (Böhm 2002: 55).
INVASION DER IMAZIREN („Imazighen“)
Die ursprünglichen KüstenbewohnerInnen Nordafrikas, die Imaziren („Berber“/Imazighen), durchquerten schon früh die Sahara um Handel mit westafrikanischen Gruppierungen zu betreiben. So durchquerten sie der Wüste als Händler, aber auch als Krieger und sie begannen sich in der Sahara auch anzusiedeln (Sudlow 2001: 2).
INVASION INS AHAGGAR, AHNET UND AZJER
Ibn Khaldun berichtete zu seiner Reisezeit von zwei Gruppierungen im nördlichen Tuareggebiet: Den Lemta (westlich) und den Targa (östlich). Davon berichtete auch Leo Africanus (797 ff.). Die Lemta sollen aus Ostalgerien stammen.
Während der Invasion (Migrationswelle) der arabischen Beni Hilal und Beni Sulaym nach Nordafrika im 9. Jahrhundert (Ibn Khaldun 1852: 75f.) wurden die Gemeinschaft der Hawwara, die in Tunesien, Tripolitanien und Cyrenaika lebten, dominiert (Nicolaisen 1963: 412). Ein Teil der Hawwara, die sich nicht dominieren lassen wollten, sind in Richtung Süden ausgewichen und in Folge bis ins Ahaggar-Gebiet gelangt, dorthin wo die Lemta schon waren. Foucauld (1951: 533) zeigt die Verbindung vom Wort Hawwara und Ahaggar anhand der Lautverschiebung von w zu g. Jedoch scheint es erst um das Jahr 1050 bei der sogenannten Hilalian Invasion (Keenan 1977:16) zu einer grösseren Invasion von Norden ins Ahaggar gekommen zu sein. Allgemein kann man nicht davon ausgehen, dass es sich um einen einmaligen Exodus ins Ahaggar gehandelt hat (Koosmann 2011: 4).
Imuhar waren immer schon mobil und so sind auch sukzessive weitere neue Gruppen aus dem Norden dazugekommen und haben die früheren Imuhar Gruppen ergänzt.
So sollen Hawwara-Kamelzüchter auf einen Gruppe von schon im Ahaggar ansässigen Ziegenzüchtern gestossen sein (Keenan 1977). Diese Ziegenzüchter hatten aber auch schon Schafe (Ovis longipes-Typ) und Esel (Nicolaisen 1963: 485).
Die Kel Ahaggar geben Aures (Nordalgerien) als ihre Herkunftsregion an, während die Kel Ewey Aujilla in der Cyrenaica (Libyen) angeben (Bernus 2002: 16).
Die Bevölkerung rund um das Ahaggar hat im 11. bzw. 12. Jahrhundert dann dem Islam als Religion angenommen (Nicolaisen 1963: 479). In der Zeit haben Araber nicht nur eine neue Religion, sondern auch neue Sättel, Essenszubereitungen, Kleidung, usw. eingeführt (Nicolaisen 1963: 479). Sie haben auch neue politische Strukturen wie die Ettebel (Trommel) und den Chalifa mitgebracht.
INVASION INS ADRAR-GEBIRGE (NORD-MALI)
Interessant ist, dass schon Ibn Hawqal von Tawariq im 10. Jahrhundert in der malischen Wüste berichtet (Djibo Hamani 1989: 88). Er berichtet von Gruppierungen mit dem typischen Kel wie Kilamut, Kilmakzan, Kilfaruk, Kilsanadat. So muss es schon sehr früh zu einer Ausweitung in Richtung Adrar-Gebirge (Mali) gekommen sein. Die Gruppe im Adrar teilte sich im späten 17. Jahrhundert. Ein Teil wanderte nach Süden und wurde die Gruppe der Iwellemmedan (Sudlow 2001: 3). Die Kel Ataram eroberten Timbuktu im Jahre 1787 (Sudlow 2001: 3). Nicht lang danach trennte sich die späteren Kel Denneg von den Iwellemmedan und wanderten von der Ansong/Menaka-Region nach Tahaoa.
INVASION IN BURKINA FASO
Vor 250 Jahr sind dann die Oudalan als Abspaltung der Kel Adrar nach Burkina Faso gekommen, haben ein Gebiet der Fulani erobert und sich dort angesiedelt (Sudlow 2001: 6).
INVASION INS AYR-GEBIRGE (NIGER)
Es scheint so, dass schon im 7.Jahrhundert pastorale Imaziren (Berber), inklusive den Lemta und den Zarawa die Sahara gequert haben (Nicolaisen 1963: 412). Die Lemta haben sich rund um dem Niger niedergelassen und das Songhay Empire gegründet, gibt Nicolaisen (1963: 412) an.
Die Macht des Songhay-Reichs mit der Hauptstadt Gao basierte auch auf dem viel weiter nördlich als heute verlaufenden Niger Fluss. Das Songhay-Reich war vor allem während des 15. und 16. Jahrhunderts sehr mächtig. Im 16.Jahrhurdert dehnte sich das Songhay Reich im heutige Mali und Senegal bis zur Atlantikküste aus und im Osten bis Kano (Nigeria) bzw. bis ins Ayr-Gebirge (Niger). Mit der marokkanischen Invasion endete das Reich der Songhay Ende des 16. Jahrhunderts.
Die ersten Imaziren sind ab dem 7. Jahrhundert ins Ayr gekommen und haben dort Gruppen gegründet (Nicolaisen 1963: 412). Leo Afrikanus (S.797 ff.) berichtet , dass das Ayr von den Targa besiedelt sei.
Im Ayr herrschten zunächst die Gruppen der Itesen und Immikitan. Die Itesen sind von einer Oasen mit dem Namen Awjila (Cyrenaika/Libyen) gekommen (Nicolaisen 1963: 412). Die Kel Geres sind zwischen den 12. und 14. Jahrhunderts ins Ayr gekommen auch aus der Oase Awjila (Nicolaisen 1963: 412; Urvoy 1936). Ende des 14.Jahrhunderts kamen dann die Kel Ewey ebenfalls aus Awjila ins Ayr und setzten die ansässigen Gruppen unter Druck. Im 18.Jahrhundert wichen dann die Kel Geres nach Süden aus bis an die Grenze zu Nigeria (Nicolaisen 1963: 412). Gerade die Kel Ewey mischten sich stark mit der dunkelhäutigeren Bevölkerung der Oasen (Nicolaisen 1963: 413).
Zusammenfassung
Die Imuhar (Tuareg) breiteten sich vom Nordafrika über die Sahara in den Süden aus. Ab dem 17. Jahrhundert verbreiteten sie sich auch im Sahel. In der Sahara waren die Imuhar damals hauptsächlich mobile Viehzüchter mit kleineren Gruppen von Oasenbauern, Handwerker und Sklaven.
Die Imuhar Nomaden führten auch eigenen Karawanenhandel durch. Sie schreckten aber auch nicht vor Wegezollforderungen bzw. Plünderungen von anderen Transsahara-Karawanen zurück.
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