BÜCHER

SPRECHKUNST DER TUAREG

Interaktion und Soziabilität bei Saharanomaden


Anja Fischer

224 Seiten
mit 50 s/w-Abbildungen
17 x 24 cm, Broschur
 € 35,00 (D)
 Buchgestaltung: Jutta Zwischenbrugger

Erschienen Januar  2012
Reimer Verlag, Berlin


Anja Fischer erforscht das Sprechkonzept der Tuareg-Nomaden (Imuhar). Den Sprechakt betrachtet sie nicht isoliert, sondern eingebettet in den sozialen Alltag. Auch die Geheimsprache der Imuhar wird in diesem Buch erstmals ausführlich dargestellt und interpretiert.
FLYER

„Dieses Buch, welches Nomaden in einer der extremsten Regionen dieser Erde gewidmet ist, erforscht die mit Feinheit kultivierten verbalen Künste der Tuareg. Die Autorin zeigt, wie sehr ihre Kunst der Unterhaltung an ihre mobile Lebensweise angepasst ist. Dieser dichte und innovative Beitrag zur Ethnographie des Sprechens bietet ebenfalls eine faszinierende Reflexion über die momentanen Bedingungen in der ethnologischen Feldforschung.“
Dominique Casajus

Rezensionen:


MEDIENSPIEGEL der Deutsch-Magrebinische Gesellschaft,  2012, Liesel Schulze-Meyer:
"Eine besonderes Verdienst der Autorin ist, dass sie einen Geheimsprache entschlüsselte. ... . Neben den sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen vermittelt die Autorin in dieser verständlich geschriebenen Arbeit auch manches vom Alltagsleben der Nomaden, ..."

WIENER ZEITSCHRIFT FÜR DIE KUNDE DES MORGENLANDES, Band 102, pp. 473-475, Dr. Maarten Kossmann:
„So bietet sie uns eine detaillierte Analyse der Sitz- und Liegeordnung (101-115) bei mehreren Gesprächen. Die Weise, wie diese Ordnungen den Respekt und die Hierarchie in der Gruppe ausdrücken, wird in einer einzigartigen Weise erklärt. ...
Am Ende des Buches zeigt die Autorin das interessante Zusammenspiel zwischen taytte und Tabus direkter und konkreter Aussagen, was einen kulturspezifischen „verschleierten“ Sprachgebrauch möglich und wünschenswert macht.“

ANTHROPOS, 2013/1, S. 309-310, Dr. Ines Kohl:
"Zu den Qualitäten des Buches zählen neben der innovativen Thematik, der anschaulichen Beschreibung und detaillierten Analyse auch das sehr ansprechende Layout und die zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotos."

BUCHBESPRECHUNG, Prof. Dr. Gerd Spittler:
".... Zu den großen Verdiensten dieser Arbeit gehört die Herausarbeitung des sozialen Kontextes der verbalen Kommunikation. Ein Meisterstück dichter Beschreibung ist die Darstellung des „Schauplatzes Unterhaltung“ (S.100-115). Hier werden verschiedene Unterhaltungen vor dem Zelt nicht nur nach dem Thema der Unterhaltung, sondern auch nach Sitz-und Liegehaltung, nach Topographie, nach Wetter, nach Hierarchie und Geschlecht und nach der zeitlichen Entwicklung des Arrangements beschrieben, mit Fotos veranschaulicht und mit Zeichnungen illustriert.
...
Die Verfasserin und ihr Buch verdienen vor allem Lob. Die Sprechregeln und die verschiedenen Sprechgenres werden in ihrer Form und Funktion sorgfältig beschrieben. Nicht nur der soziale, sondern auch der räumliche und materielle Kontext von Unterhaltungen wird herausgearbeitet, oft in innovativer Weise. ... "

Schlagwörter
Tuareg, Imuhar, Nomadentum, Sahara, Algerien, Linguistische Anthropologie, Sprechgenre, Ethnographie des Sprechens, Geheimsprache

INHALTSVERZEICHNIS:

 

1. Ausblick

Thema
Methode
Aufbau

2. Imuhar

Nomadisches Gefüge
Geographisches Gefüge
Historisches Gefüge
Gesamtgesellschaftliches Gefüge
Aktuelles Gefüge

3. Tamahaq/Tamascheq

Ursprung                                                                                                                                                         Grammatik der Vielfalt                                                                                                                                Linguistische Forschung

4. Feldforschungsreflexionen

Feldforschungsphasen und Spracherwerb
Feldforschungssituation
Methodische Problematik

5. Linguistische Anthropologie

Linguistische Anthropologie zur Sahara
Linguistische Nomadologie
Ethnographie des Sprechens

6. Unterhaltung im linguistischen Porträt
Nuna und der Schauplatz

Ein Tag im Winter
Räumliche Dimensionen
Zeitliche Dimensionen
Soziale Dimensionen
Schauplatz Unterhaltung

Zeinaba und das Sprachenvermögen

Sprachrepertoire
Sprachkapazität
Sprachmischung
Sprachloyalität

Haba und das Alltagsgespräch

Isalan: Neuigkeiten
Ehare, Imugar et Akasa: Herde, Dromedare und Futter
Addunat: Menschen
Verbale Rituale im Alltag

Tedar und die verschleierten Botschaften

Getarntes Sprechen
Geheime visuelle Nachrichten

Kela und die Geheimsprachen

Tagenegat: Geheimsprache der Imuhar
Codierungen
Tenet: Geheimsprache der Inadan
Etymologie
Vergleich von Geheimsprachen in der Umgebung

Alambo und die rätselhafte Wüste

Tunzart: Rätsel

Akidima und die Dichtkunst

Tesawit: Gedicht

Mena und die kleinen und großen Erzählungen

Esem n Edag: Geographische Bezeichnung
Taneqqest / Emay: Geschichte
Anhi: Sprichwort

7. Unterhaltung und Soziabilität

Nomadische
Soziale Werte
Konzepte der Meidung
Geselligkeit
Verortung
Verbale Interaktionsnormen
Virtuose Interaktionen

8. Sprechkonzept der Imuhar
 
9. Anhang

Glossar
Bibliographie
Sprachbücher

LESEPROBE:

 

VORWORT
Wir setzten uns in den Schatten einer Akazie. Drei Nomadenfrauen der Kel Ahnet und ich hatten den Vormittag lang mit Stöcken auf Akazien eingeschlagen, auf dass die herabfallenden Blätter von den Zicklein gefressen wurden. Kela, eine der Nomadinnen, sagte etwas in einer Sprache zu mir, die ich nicht verstand. Eigentlich hatte ich bei meinen
Feldforschungen Tamahaq, die Sprache der Kel Ahnet, soweit gelernt, um mich gut zuverständigen. Die Worte, die Kela sprach, klangen nicht nach Tamahaq. Sie wiederholte das, was sie gesagt hatte. Nach wie vor verstand ich kein Wort. Ich bekam den Eindruck, sie wollte mich necken. Dann fing eine zweite Frau in der gleichen Sprache an zu spre-
chen. Ich war verwirrt und die Frauen amüsierten sich darüber. Ich fragte sie, in welcher Sprache sie sprechen und Kela meinte, dass sie Tagenegat sprechen.
Zu dem Zeitpunkt betrieb ich schon seit fünf Jahren jeden Winter für mehrere Monate Feldforschung bei den Kel Ahnet in Südalgerien, jedoch hatte ich weder bei meinen Feldforschungen etwas über Tagenegat erfahren noch bei meinen Literaturrecherchen etwas darüber gelesen. Kurz nach diesem Ereignis endete meine Feldforschung bei den
Kel Ahnet und in Tamanrasset fragte ich Cheikh Mellakh, Chef der algerischen Reiseagentur Adrar Bous, ob er Tagenegat kennt und er meinte, dass das die Geheimsprache der Imuhar sei.

Der Grundstein zu diesem Buch wurde damit gelegt.
 

AUFBAU
In folgenden Kapiteln wird zunächst das ethnographische Feld um die Imuhar aufgespannt. In einem Überblick präsentiere ich das nomadische Gefüge im geographischen Kontext. Danach entfaltet sich der komplexe linguistische Raum mit seiner enormen Sprachvielfalt. Dabei ist die Darstellung des Standes der linguistischen Forschung in der Sahara hilfreich. Im Anschluss erfolgt die Auf-arbeitung der Erfahrungen in der Feldforschung, in der die permanente Selbst-reflexion erforderlich ist. Der darauf folgende Teil dieser Studie ist einen kurzen theoretischen Einstieg in die linguistische Nomadologie.
Der empirische sechste Teil ist das Kernstück – die Nomadographie des Sprechens. Die Unterhaltungen in der Wüste werden anhand von personalisierten linguistischen Portraits veranschaulicht. Nuna, Zeinaba, Haba, Tedar, Kela, Alambo, Akidima und Mena eröffnen den Zugang zu jeweils verschiedenen Arten des Sprachgebrauchs der Imuhaê und umreißen damit das soziale Leben in der Sahara. Durch die Darstellung des sozialen Raumes wird zunächst eine Kontextualisierung der verbalen Kommunikation versucht. Welches linguistische Repertoire haben überhaupt Sahara-NomadInnen? Die Exposition des Alltagsgesprächs bis hin zum komplexen Sprechgenren zeigen die verbale Virtuosität der NomadInnen. 
Im siebten Teil werden die vielschichtigen Zusammenhänge von Soziabilität und Sprachgebrauch analysiert. Soziale Werte und Normen beeinflussen die Wahl der Worte und formen sprachliche Interaktionsnormen. Durch die analytische Betrachtung der Bedeutung des Sprechens werden die Sprechmuster der NomadInnen nachvollziehbar. Die Situationen, der Gebrauch, das Muster und die Funktion des Sprechens zeigen den engen Konnex von verbaler Interaktion und Soziabilität. Was bedeutet das Sprechen für NomadInnen? Im letzten Kapitel kristallisiert sich das Sprechkonzept der Imuhar heraus und die Vorstellungen der NomadInnen über die Kommunikation werden deutlich.

Weitere Auszüge aus dem Buch auch auf folgenden Seiten:

Imuhar Rätsel
Imuhar Sprichwörter
Imuhar Dichtkunst

Linguistische Anthropologie
Ethnographie des Sprechens
Sprechgenres

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