EINFÜHRUNG

ARBEITSWEISE DER SAHARANOMADINNEN UND NOMADEN:
 

Kel Ahaggar-Nomaden und Nomadinnen, eine Untergruppe der Imuhar (Tuareg), leben in der algerischen Sahara und betreiben horizontalen Nomadismus  mit Dromedaren, Ziegen und Schafen. Sie produzieren nicht nur für ihre eigene Subsistenz, sondern interagieren auch mit weiteren Wirtschaftsystemen.

Die Viehzucht der Imuhar (Tuareg) Nomaden und Nomadinnen verlangt nach permanenter Arbeitsleistung.

Die Domäne der Nomadin ist die Kleinviehzucht und die Milchökonomie, während Männer sich vorwiegend mit der Dromedarzucht und dem Vertrieb der Tiere beschäftigen. Gender- und altersspezifische Arbeitsteilung bestimmen eine pastorale Ökonomie. Mit individuellen Methoden in der Viehzucht agieren Nomadinnen innerhalb einer kollektiven Gruppe.

Fission und Fusion von Zelteinheiten lassen stetig wechselnde Konstellationen von kollektiven Zusammenschlüssen entstehen. Bei einer Zelteinheit handelt es sich um eine Familien-, Produktions- und Konsumptionseinheit, die sich anderen Zelteinheiten anschließen kann, aber für sich auch autonom agiert.  

Nicht nur für die Bedürfnisse der Herden, sondern auch für persönliche Belange sind Arbeitsleistungen erforderlich. Trinkwasserversorgung, Organisation der Haushaltes, Nahrungsversorgung und Handwerk sind weitere wirtschaftliche Handlungsfelder im nomadischen Alltag. Effiziente Planung und  permanenter Arbeitseinsatz sind dabei Grundvoraussetzungen für die Subsistenzsicherung in der Wüste.

Nomadische Wirtschaft ist „antiautark“ (Khazanov 1984: 3) und somit stets in einer Interaktion mit lokaler und überlokaler Marktwirtschaft zu sehen. In Gesellschaften wie jener der Imuhar ist die Wirtschaft in das Gesellschaftssystem eingebettet, und die Produktion spielt sich innerhalb sozialer Institutionen ab. Wirtschaftliches Handeln ist immer im gender- und altersspezifischen Kontext zu sehen, und Frauen und Männer müssen daher auch als unterscheidbare soziale Gruppen betrachtet werden.

FRAUENARBEIT
Frauen beaufsichtigen die Milchökonomie, zu der die Männer keinen Zugang haben, und damit haben sie die Kontrolle über eine wertvolle Ressource. Innerhalb einer Zelteinheit agieren Frau und Mann getrennt und autonom von einander. Bei monatelanger Abwesenheit des Mannes handelt die Ehefrau autark (Claudot-Hawad 1993: 48) und sichert die Subsistenz der Familie. Mit der Kleinviehzucht, der Milchökonomie und dem Handwerk hat sie die Überlebensgrundlage in der Sahara in ihrer Hand. Abhängig ist sie von den Ver- und Einkäufen der Männer. Diese verkaufen Kleinvieh an die umliegenden Märkte und kaufen Mehl, Kleidung und andere Gebrauchsgegenstände.

MÄNNERARBEIT
Die Dromedarzucht der Männer ist nicht subsistenzsichernd. Vielmehr stellt sie eine Kapitalanlage, eine Art lebendes Sparbuch dar. Aber nur durch Dromedarzucht könnte keine Zelteinheit in der Sahara überleben, jedoch sind Zelteinheiten mit Kleinvieh und Eseln als Transportmittel überlebensfähig.

RISIKOMINIMIERUNG
Arbeitsorganisation unter extremsten klimatischen, ökologischen und geografischen Bedingungen erfordert effiziente Planung. Die wirtschaftlichen Handlungsprozesse sind organisatorisch aufwendig und ökologisch hoch spezialisiert. Andererseits ist das Produktionssystem sehr labil und damit leicht zu schädigen (Scholz 1995: 138). Risikominimierung ist oberstes Prinzip. Durch die Züchtung verschiedener Nutztiere (Ziegen, Schafe, Esel und Dromedare) erfolgt eine RisikoverteilungDie Lagerwirtschaft der Kel Ahaggar bietet eine gewisse Sicherheit.

FAMILIENWIRTSCHAFT
In traditionellen Gesellschaften ist wirtschaftliches Handeln in einen sozialen Zusammenhang eingebettet und daher mit anderen Menschen unmittelbar verknüpft. Arbeit mit Tieren ist personenbezogen und erfordert Kontinuität, die durch eine Familienwirtschaft am ehesten gegeben ist (Beck/Klute 1991: 114). Die Viehzucht erfordert Tag und Nacht Aufmerksamkeit.

Arbeitsprozesse unterliegen prinzipiellen Regeln, deren Umsetzung jedoch individuell erfolgt. Die Existenz von mehreren spezifischen Methoden in der Viehzucht und in der Milchökonomie erschwert die ethnographische Beschreibung. Trotzdem wird hier versucht, die individuelle Arbeitsweise innerhalb der Gesellschaft der Kel Ahaggar darzustellen, um eine Pauschalisierung von Arbeitsprozessen zu vermeiden.

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